Redewendungen wie „den roten Faden nicht verlieren“, Fahrt ins „Blaue“, „blau machen“, sich „grün“ sein oder „rot“ sehen, sind uns allen bekannt, doch woher kommen diese. Diese und vielleicht auch andere interessante Themen bieten wir unseren Besuchern zum Tag der Offenen Gärten am 14./ 15. Juni diesen Jahres. Am 14. Juni erwarten wir im Lehmann- Garten Astrid Schmoock und Ulrike Fritz von der Wollwerkstatt Angermünde, die sich dem spinnen und färben von Wolle verschrieben haben und uns einen Einblick in ihr Schaffen und Wirken geben werden. Unter anderem werden wir das Färben mit Naturfarben zu sehen bekommen.
Der Mensch hat schon früh farbige Materialien, wie Pigmente und Farbstoffe benutzt, um sich selbst und seine Umwelt zu gestalten. Die früheste Anwendung von Pigmenten ist die 1994 im Ardéche entdeckte Höhle Chauvet- Pont- d´Arc mit Malereien, die als älteste der Welt galten (ca. 30000 v.Chr.) Weitere Zeugnisse sind die Anwendung von Pigmenten aus Altamira, Catal Hüyük (Türkei, ca. 6000 v.Chr.), Ägypten, Griechenland und Rom. Die Farbgebung spielte hauptsächlich als soziales Unterscheidungsmerkmal eine große Rolle, später auch vermehrt als Schmuck. Seltenheit und ein hoher Preis von Farbstoffen wie Purpur führten dazu, dass ihr Einsatz auf die Kleidung sozial hoch gestellter Personen beschränkt war. Im Mittelalter war die Farbe ein Kennzeichen der sozialen Gliederung in der ständischen Hierarchie. Wobei die höfische Gesellschaft leuchtende und tiefe Farbtöne trug, die ein Zeichen der Vornehmheit waren. Dagegen trugen Hörige und Unfreie Kleidung mit gebrochenen Farbtönen, wie grau und braun, häufig auch ungefärbte Woll- und Leinenkleidung als Zeichen der niederen Herkunft. Die ältesten gefärbten Gewebereste haben sich im trockenen Wüstenklima Ägyptens erhalten und stammen aus der Zeit um 3200 v.Chr.. Darauf wurden Krapp und andere Farbstoffe identifiziert.
Naturfarbstoffe sind pflanzlichen oder tierischen Ursprungs, wobei die färbenden Komponenten in Wurzeln, Stängeln, Blättern, Beeren, Blüten oder in Insekten und Schalentieren vorliegen. Alle Färbungen mit Naturfarbstoffen werden nach dem „Ausziehverfahren“ durchgeführt, bei dem das zu färbende Substrat (loses Fasermaterial, Garn, Gewebe oder Tuch) in der Färbeflotte, einer wässrigen Lösung der Farbmittel und verschiedener Hilfsmittel, unter Bewegung und Temperaturzufuhr über einen bestimmten Zeitraum gefärbt wird.
Hier seien nun einige Färbepflanzen vorgestellt, von denen zwei auch bei uns im Lehmann- Garten zu finden sind.
Rainfarn
Der Rainfarn, Tanacetum vulgare, gehört zu den Asteraceae oder Korbblütengewächsen. Er ist an Wegrändern oder in Unkrautfluren in ganz Europa zu finden. Die Pflanze wird 50- 120 cm hoch und ist sehr gut an den doldenartigen, goldgelb leuchtenden Blütenständen mit den etwa 1cm großen Einzelblüten zu erkennen, die Blätter sind doppelt gefiedert. Der intensive aromatische Geruch, der Insekten vertreibt, fällt besonders beim pflücken auf. Trotzdem ist der Rainfarn eine ausgezeichnete Nektarpflanze, beliebte Bienenweide und gutes Raupenfutter für die Schmetterlinge. Er blüht von Juni bis September und ist eine mehrjährige Pflanze. Wirkstoffe der Pflanze sind das ätherische Öl Thujon, Gerbstoffe, organische Säuren, Harz, Wachs und andere Substanzen. Rainfarnblüten wurden früher in der Volksmedizin unter anderem als Wurmmittel angewendet. Bei missbräuchlichem Einsatz größerer Mengen des ätherischen Öls kam es nicht selten zu schwersten Vergiftungen. Heute ist die Nutzung nur in homöopathischen Zubereitungen vertretbar, z.B. bei nervöser Erschöpfung.
Zum Färben wird das Kraut verwendet, welches man am besten kurz vor der Blüte sammelt. Es kann frisch oder getrocknet verwendet werden.

Färberwaid
Der Färberwaid, Isatis tinctoria, der auch Pastel oder Deutscher Indigo genannt, wurde in der Eisenzeit als Färberpflanze zur Gewinnung von Indigoblau in Europa kultiviert. Diese Pflanze, die zu den Brassicaceae oder Kreuzblütengewächsen gehört, ist eine Halbrosettenpflanze mit einer ausgeprägten Pfahlwurzel. Aus der Blattrosette wachsen im zweiten Standjahr mehrere hohe Blütenstände, die sich im oberen Bereich verzweigen. Die Pflanze wird bis zu 150 Zentimeter groß. Die Rosettenblätter vom Färberwaid sind blaugrün, werden 20 bis 30 Zentimeter lang, haben eine lanzettliche Form und einen glatten Rand, jedoch sind die Blätter an den Blütenstielen stängelumfassend und pfeilförmig.
Auffällig ist beim Färberwaid die helle Mittelader der Blätter. Der Färberwaid bildet verzweigte, lockere Doldenrispen mit zahlreichen gelben Einzelblüten. Blütezeit ist von Mai bis Juli, in dieser Zeit wird die Pflanze gern von Insekten zur Nektaraufnahme aufgesucht.
Schon die alten Ägypter verwendeten die Pflanze zum Färben von Stoffen. Sie färbten ihre Mumienbinden mit Färberwaid ein, zum einen wegen der blauen Färbung, vor allem aber, weil die Inhaltsstoffe der Pflanzen den Leichnam konservierten. In Europa spielte die Pflanze bis ins 16. Jahrhundert eine bedeutende Rolle für die Herstellung von blauem Leinen. Der Farbstoff der Pflanzen entsteht aus einer gelben Vorstufe, dem Indican. Indican ist ein pflanzliches Glycosid, das durch Fermentation der Blätter und weitere Verarbeitungsprozesse in Indigoblau umgewandelt wird. Die Wurzel des Färberwaids gilt sowohl in der Chinesischen Medizin als auch in der Europäischen Pflanzenheilkunde als gutes Mittel gegen Viren, an der entzündungshemmenden Wirkung beteiligt sind die Senfölglycoside der Pflanze. Diesen wird auch eine sehr gute krebshemmende Eigenschaft zugewiesen.

Gelbe Resede
Die Gelbe Resede, Reseda lutea, die auch unter den Bezeichnungen Färber- Resede oder Gelber Wau zu finden ist, kommt heute als Unkraut an Wegrändern und Bahndämmen auf dürren, sandigen oder kalkhaltigen Böden vor. Sie stammt aus der Familie der Resedaceae oder Resedagewächsen. Der Name Färber- Resede ist auf die alte Verwendung als Färberpflanze zurückzuführen. Die Wurzeln enthalten große Mengen des Carotinoids Lutein. Sie wurde bereits in der Jungsteinzeit vom Menschen dafür genutzt, im frühen Mittelalter bis in die Neuzeit wurde sie bei uns extra dafür angebaut. Die Pflanze färbt Wolle und Seide in einem gelbgrünen bis olivgrünen Farbton, die Farbe Resedagrün wird sogar als offizielle RAL- Farbe 6011 geführt. Auch die Samen wusste man zu nutzen, diese enthalten ein Öl, das man als Brennmaterial für Öllampen einsetzte.
Die Gelbe Resede ist eine sommergrüne meist zweijährige bis ausdauernde Pflanze, die tief wurzelt und eine Wuchshöhe von 30- 70 cm erreichen kann. Der aufrechte, reich mit Blättern versehene Stängel kann einfach oder verzweigt sein. Sie besitzt unregelmäßig fiederteilige Laubblätter mit langen, schmalen Abschnitten mit schmalem, meist welligem oder krausem Rand. Die Grundblätter bilden eine Rosette, die relativ bald verwelkt. Die geruchlosen, hellgelben Blüten stehen an Blütenstielen in anfangs kurzen, später verlängerten dichtblütigen traubigen Blütenständen. Die Blütezeit reicht von Juni bis September.
Das Kraut diente früher als Heilpflanze zur Beruhigung und Schmerzstillung, sowie als Mittel mit schweißtreibender und harntreibender Wirkung. Als Bienenweide ist die Pflanze im Garten sehr gut geeignet.
